Wie funktioniert eine CTI-Prüfung?

Stellen Sie sich vor, das isolierende Material in einem elektrischen Gerät versagt. Dabei kann es zum Brand innerhalb des Geräts kommen, der sich - je nach Umgebung - sehr schnell ausbreiten kann. Um dies zu verhindern, werden Materialien verschiedenen elektrischen Prüfungen, unter anderem der CTI-Prüfung, unterzogen.

Die CTI-Prüfung – Comparative Tracking Index – nach DIN EN IEC 60112 ist eine standardisierte Methode zur Bewertung der Kriechwegbildung von Isoliermaterialien. Alternativ verwendete Begriffe sind Kriechstromfestigkeit oder Vergleichszahl Kriechwegbildung. Der CTI-Wert gibt die relative Beständigkeit des Materials gegenüber Kriechströmen an. CTI600 (= Spannung von 600 V) ist die im Moment höchste Einstufung für ein Material. Diese Prüfung der elektrischen Eigenschaften kann im akkreditierten Prüflabor des KUZ durchgeführt werden.

 

Was ist der „Kriechweg“?

Isolationsmaterialien – also Werkstoffe, die keinen Strom durchlassen sollen – werden z.B. in elektrischen Geräten und Anlagen verbaut. Dort sorgen sie u.a. zur Trennung von stromführenden Teilen. Im Alltag sind Isolationsmaterialien verschiedensten Belastungen wie Staub, Feuchtigkeit oder Sonneneinstrahlung ausgesetzt. Durch die Belastungen kann es dazu kommen, dass durch ein nichtleitendes Material durch Anlegen einer Spannung doch ein Strom fließt. Dies wird durch die Bildung eines „Kriechwegs“ verursacht. Dieses Phänomen kann zu erheblichen Schäden an elektrischen Geräten und Systemen führen und stellt ein signifikantes Sicherheitsrisiko dar. Um die Zuverlässigkeit und Langlebigkeit von Isolierwerkstoffen zu gewährleisten, ist eine sorgfältige Prüfung der beteiligten Materialien auf Kriechwegbildung unabdingbar. Solche Prüfungen dienen dazu, die Widerstandsfähigkeit der Materialien gegen diese Oberflächenströme zu bewerten und sicherzustellen, dass sie den strengen Anforderungen in praktischen Anwendungen standhalten.

Wie läuft die CTI-Prüfung ab?

Die Prüfung findet in einem Kriechstromprüfgerät (Abbildung 1) statt, wobei der Probenraum aus Sicherheitsgründen eingehaust ist. Der Prüfaufbau (real und schematisch) ist in Abbildung 2 dargestellt.

Die Probe (mind. 20 mm x 20 mm x 3 mm) wird mittig unter zwei Elektroden platziert. Zu Beginn der Prüfung wird zwischen den Elektroden eine Spannung angelegt. Diese wird – nach Bestehen der Prüfung bei einem bestimmten Spannungswert – stetig erhöht. Während der Prüfung wird eine Flüssigkeit, die eine definierte Leitfähigkeit besitzt, auf die Oberfläche der Probe getropft. Dabei treffen die einzelnen Tropfen alle 30 s auf die Probenoberfläche auf. Durch die angelegte Spannung und die Flüssigkeit wird die Oberfläche der Probe stark angegriffen. Es kann zur Zerstörung der obersten Materialschicht kommen. Dadurch kann sich ein Kriechweg auf der Probenoberfläche bilden, der einen Stromfluss zwischen den Elektroden ermöglicht.

Der Test endet, wenn entweder ein stabiler Kriechstrom entsteht (>500 mA), es zu einer kontinuierlichen Flammbildung kommt oder die maximale Prüfspannung erreicht wird (600 V). Der CTI-Wert des Materials wird als die höchste Spannung bestimmt, bei der keine Kriechwegbildung auftritt und gibt somit die relative Beständigkeit des Materials gegenüber Kriechströmen an.

Das folgende Video zeigt eine CTI-Prüfung im Zeitraffer.

Warum ist der CTI-Wert so wichtig?

Die Isolationskoordinierung ist ein wesentlicher Aspekt beim Entwurf elektrischer Systeme. Sie stellt sicher, dass die Isolierstoffe und Abstände innerhalb eines Systems den auftretenden Spannungen standhalten, um eine sichere und zuverlässige Funktion der Systeme zu gewährleisten. Ein hoher CTI-Wert ist hierbei ein Indikator für eine gute Beständigkeit des Materials gegen Kriechwegbildung, was besonders wichtig in Umgebungen mit hoher Feuchtigkeit oder Verschmutzung ist.

Typische Anwendungen, bei denen die Kriechwegbildung eine kritische Rolle spielt, umfassen elektrische Schaltanlagen, Transformatoren, Motoren und andere Hochspannungsgeräte. Auch in der Automobilindustrie, bei Leiterplatten und in Haushaltsgeräten ist die Auswahl von Isoliermaterialien mit hoher Kriechstromfestigkeit entscheidend. Durch die sorgfältige Prüfung und Auswahl geeigneter Materialien kann die Lebensdauer und Sicherheit von Komponenten für diese Anwendungen signifikant erhöht werden.

Good to know

Die Prüfung auf Kriechwegbildung spielt eine entscheidende Rolle bei der Bewertung der Zuverlässigkeit und Sicherheit von Isoliermaterialien. Mit unserer umfangreichen Erfahrung sind wir in der Lage, diese Tests präzise und zuverlässig durchzuführen. Es ist jedoch wichtig zu beachten, dass die im Datenblatt angegebenen Werte nur für den ungealterten Zustand der Materialien gelten. Alterungsprozesse wie UV-Strahlung, thermische Belastung und chemische Einflüsse können die Kriechstromfestigkeit von Isolatoren im Laufe der Zeit beeinträchtigen.

Die Forschung geht weiter – CTI-Prüfung bis 950 V

Neben den normkonformen Prüfungen nach DIN EN IEC 60112 bis 600 V läuft im KUZ ein öffentlich gefördertes Forschungsprojekt zur Erweiterung der CTI-Prüfung auf 950 V. Im Rahmen des Projektes wird der Einfluss verschiedener Elektrodengeometrien und Umgebungsbedingungen auf den CTI-Wert untersucht. Die Forschungstätigkeit und Arbeit im entsprechenden Normungsausschuss ermöglicht die Steigerung des Knowhows in diesem Bereich und soll letztendlich dazu führen, dass Aussagen über das Materialverhalten im Hochvoltbereich möglich werden.

Weiterführende Links
 

Kostenfreies WEBINAR: Kriechwegbildung im Hochvoltbereich

Akkreditiertes Prüflabor

Übersicht elektrische Prüfungen

Kontakt

Christian Rast
+49 341 4941-803
rastnoSpam@kuz-leipzig.de

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