Wenn´s heiß wird...

Thermische Prüfungen

Für Kunststoffe kennzeichnend sind unter anderem deren stark temperaturabhängige Materialeigenschaften. Diese sind abhängig vom Kunststofftyp und den eingesetzten Additiven (z.B. Schlagzähmodifikatoren, Verstärkungsstoffe, ...). Durch Einsatz von Polymerblends oder Strahlenvernetzung kann zudem eine zusätzliche Erhöhung der thermischen Beständigkeit erreicht werden.

In Kunststoffen finden temperaturabhängig Veränderungen in der Struktur statt. Die thermischen Prüfungen bieten vielfältige Möglichkeiten, um die daraus resultierenden Eigenschaften unter Temperatureinfluss zu charakterisieren. Sie erlauben damit einen tieferen Einblick in den Aufbau und die Bestandteile der untersuchten Materialien.

 

  • Füllstoffgehalt / Glührückstand

    Die Bestimmung des Füllstoffgehalts ist eine gängige Prüfung der Wareneingangskontrolle und Qualitätssicherung. Da der Füllstoffanteil einen großen Einfluss auf das Verhalten des Kunststoffs in der Verarbeitung und im späteren Anwendungsfall hat, ist die Überprüfung dieses Kennwertes zudem oft das erste Mittel der Wahl, um die Ursache von Qualitätsschwankungen zu ermitteln.

    Die Veraschung eines Kunststoffs ist eine einfache Methode, um den Gehalt an anorganischen Füllstoffen (Talkum, Glasfasern, Silica, etc.) in einer Probe zu bestimmen. Dazu wird die Probe vorgetrocknet und anschließend in einem Muffelofen bei >600 °C unter Luft verbrannt. So wird das gesamte organische Material in der Probe entfernt und übrig bleiben die enthaltenen anorganischen Füllstoffe. Für Kunststoffe gelten die DIN EN ISO 3451-1 und DIN EN ISO 1172 zur Bestimmung des Füllstoffgehalts.

     

  • DSC – Dynamische Differenz-Kalorimetrie (Differential Scanning Calorimetry)

    Die DSC ist eine vielseitig einsetzbare Messmethode, die oft zur Qualitätssicherung oder Identifizierung von Kunststoffen eingesetzt wird. Mittels DSC können verschiedene physikalische und chemische Vorgänge, die in Abhängigkeit von der Temperatur in einer Probe ablaufen,  nachgewiesen werden.  Dazu gehören u.a.:

    • die physikalischen Vorgänge
      • Schmelzen und Kristallisieren
      • Glasübergang
      • Verdampfen , Kondensieren, Sublimieren
      • Absorption, Desorption, Vernetzung
    • die chemischen Vorgänge
      • Vernetzen, Aushärten, Polymerisation
      • Zersetzung (thermische Stabilität)
      • Verbrennung
      • Solvatation, Desolvatation

     

    Neben der Identifizierung von Fremdmaterial liefert die DSC auch Informationen zur Vorgeschichte eines Materials. Diese können z.B. bei einer Schadensanalyse genutzt werden, um das thermische Verhalten von Gut- und Schadteil direkt zu vergleichen. Das gibt oftmals Aufschluss über die mögliche Ursache einer Reklamation oder ähnlichem.

    Die Rahmenbedingungen zum Einsatz der DSC im Kunststoffbereich sind in der DIN EN ISO 11357 festgelegt.

  • TGA – Thermogravi­metrische Analyse (Thermogravimetrie)

    Mittels TGA können die Bestandteile von Kunststoffen anhand unterschiedlicher Zersetzungs- oder Verdampfungstemperaturen bestimmt werden. Die Probe befindet sich dabei in einem Ofen und wird unter definierter Atmosphäre (inert oder reaktiv) einem Temperaturprogramm unterworfen. Dabei wird die Änderung des Probengewichts in Abhängigkeit von der Temperatur erfasst. Messparameter und Hinweise zur Auswertung einer TGA-Messung finden sich u.a. in den folgenden Vorschriften: DIN EN ISO 11358, DIN 51006, ISO 9924 und PV 3927.

    Mögliche Anwendungen einer TGA-Messung sind:

    • Bestimmung des Füllstoffgehalts
    • Ermittlung des Rußgehalts 
    • Aussagen zur thermischen Stabilität einer Probe unter inerten und/oder oxidativen Bedingungen
    • IDT (Initial decomposition temperature) von POM bestimmen
    • Aussagen zum Zersetzungsverhalten von Kunststoffen bzw. Additiven (z.B. Treibmittel)

    Die TGA im KUZ ist mit einem SDTA-Sensor ausgestattet, wodurch simultan zu auftretenden Masseänderungen ein DTA-Signal erfasst wird. Das ermöglicht – analog zur DSC – die Messung des Wärmestroms. Damit können zusätzliche Informationen aus der TGA erhalten werden, die bei der Lösung messtechnischer Aufgabenstellungen helfen können.

  • TMA - Thermomechanische Analyse

    Die TMA dient zur Beurteilung der Dimensionsänderung einer Probe in Abhängigkeit von der Temperatur. Dabei wird die Probe – beim Druckversuch ein Quader oder Würfel, beim Zugversuch eine Folie oder ein kleiner Zugstab – in ein Längenmesssystem eingesetzt und einem definierten Temperaturprogramm unterworfen. Die Längenänderung der Probe in Abhängigkeit von der Temperatur wird erfasst. Daraus kann anschließend der lineare thermische Längenausdehnungskoeffizient α berechnet werden, ebenfalls dessen Temepraturabhängigkeit. Die Kenntnis dieser Kennwerte ist essentiell für die Auslegung von Materialverbunden, die wechselnden Umwelteinflüssen ausgesetzt sind. Desweiteren können Informationen zur Erweichungs- oder Glasübergangstemperatur einer Probe erhalten werden. Auch andere temperaturabhängige Vorgänge, wie Schrumpfen oder Quellen, können mittels TMA messtechnisch erfasst werden. Durch Messungen in verschiedenen Prüfrichtungen können zudem Aussagen über das anisotropische thermomechanische Verhalten einer Probe getroffen werden.

    Informationen zu TMA-Messungen im Kunststoffbereich sind in der ISO 11359 zu finden.

  • HDT – Wärmeform­beständigkeits­temperatur

    Für viele Anwendungen muss sichergestellt sein, dass das verwendete Material seine mechanischen Eigenschaften in einem gewissen Rahmen unter thermischer Belastung beibehält. Die Wärmeformbeständigkeitstemperatur (Heat Deflection Temperature ) ist ein thermischer Kennwert, welcher eine solche Aussage für eine kurzzeitige Beanspruchung liefert.

    Bei der HDT-Prüfung wird ein ISO-Prüfstab mit einer Dreipunkt-Biegebeanspruchung belastet während die Umgebung (meist ein Ölbad) mit 120 K/h erwärmt wird. Je nach Festigkeit des Materials kann zwischen mehreren Lasten gewählt werden. Als HDT-Temperatur gilt die Temperatur, bei der sich der Prüfstab um ein bestimmtes Maß (Standarddurchbiegung) durchgebogen hat. Informationen zu den Prüfparametern finden sich in der Normreihe DIN EN ISO 75, definiert für bestimmte Materialtypen.

    Das HDT-Prüfgerät im KUZ ist eine Sonderanfertigung, welches HDT-Messungen von hochtemperaturbeständigen Kunststoffen bis 300 °C ermöglicht und für Proben bis 120 mm Länge geeignet ist.

     

  • Vicat – Erweichungs­temperatur

    Um die thermische Belastbarkeit eines Kunststoffs in einer kurzzeitigen Beanspruchung zu beurteilen, kann die Vicat-Erweichungstemperatur (Erweichungspunkt, Vicat Softening Temperature, VST) genutzt werden. Zur Prüfung der Vicat-Temperatur wird eine Probe punktuell mit einem definierten Gewicht belastet während die Umgebungstemperatur mit 50 K/h (seltener: 120 K/h) erhöht wird. Die Vicat-Temperatur gilt als erreicht, wenn die verwendete Nadel 1 mm tief in die Probe eingedrungen ist.
    Für Kunststoffe gilt die DIN EN ISO 306. Für Rohe und Formstücke kann die Prüfung nach DIN EN ISO 2507 durchgeführt werden.

    Durch Verwendung eines hochtemperaturbeständigen Öls im Messgerät können im KUZ Vicat-Temperaturen bis 300 °C bestimmt werden.

Unsere Leistungen zur Thermischen Prüfung im Detail

Ermittlung thermischer Kennwerte

  • Schmelztemperatur und Schmelzenthalpie
  • Glasübergangstemperatur
  • Kristallisationstemperatur und Kristallisationsenthalpie
  • Wärmekapazität
  • Oxidationsinduktionszeit (isothermische OIT) / Oxidationsinduktionstemperatur (dynamische OIT)
  • linearer thermischer Längenausdehnungskoeffizient
  • Füllstoffgehalt / Aschegehalt / Glührückstand
  • Rußgehalt
  • Zersetzungstemperatur von Additiven und Kunststoffen
  • Masseverlust bei Zersetzung
  • HDT-Wärmeformbeständigkeitstemperatur
  • Vicat-Erweichungstemperatur

Aussagen zum Materialverhalten

  • Identifizierung von Kunststoffen
  • Analyse von Materialbestandteilen
  • Identifizierung von Fremdstoffen in einem Material
  • Beurteilung der thermischen Beständigkeit
  • Analyse des Zersetzungsverhaltens von Kunststoffen und Additiven in inerter und oxidativer Atmosphäre
  • Beurteilung der thermischen Beständigkeit von Additiven und Kunststoffen
  • Analyse von Vernetzungsreaktionen von Elastomeren und Duroplasten
  • Schadensanalyse bei Reklamationen
  • Analyse der thermischen Vorgeschichte von Bauteilen
  • Ursachenanalyse zu Problemen beim Chargenwechsel

Unsere Geräteausstattung im Überblick

DSC 1

Wärmeflusskalorimeter (DSC)

Mettler Toledo GmbH

TGA/DSC 3+

Thermowaage (TGA)

Mettler Toledo GmbH

TMA/SDTA 1

Thermomechanischer Analysator (TMA)

Mettler Toledo GmbH

IC 5+N,

Vicat/HDT-Tester

Coesfeld GmbH & Co. KG

Mikrowellensystem START PYROplus mit Terminal T640

Muffelofen

MLS GmbH

Dazu passende Weiterbildungen

Dazu passende Leistungen

"/>

Ich helfe Ihnen gern!

Janine Dubiel

Leiterin Akkreditiertes Prüflabor