Kunststoff und Nachhaltigkeit – Passt das zusammen?

Interview mit Johannes Tietze – Wissenschaftlicher Mitarbeiter für Nachhaltigkeit

Kunststoff und ökologische Nachhaltigkeit – wie passt das überhaupt zusammen?

In der öffentlichen Wahrnehmung hat das Image von Kunststoffen und deren Produkte in den letzten Jahren stark gelitten. Vor allem die zunehmende Verschmutzung der Weltmeere, das Thema Mikroplastik und die Bilder von riesigen Mülldeponien zeichnen hier ein düsteres Zukunftsszenario. Um diese Herausforderungen bewältigen zu können, ist das Handeln vieler gefragt. Vor allem die Produzenten von Kunststoffprodukten tragen hier mit der Produktgestaltung eine große Verantwortung, z.B. in Hinblick auf Reparabilität oder Recyclingfähigkeit. Aber auch die Konsumenten können mit ihren Kaufentscheidungen, z. B. durch Vermeidung von Einwegverpackungen aus Verbundmaterialien, einen wichtigen Beitrag zur nachhaltigeren Nutzung von Kunststoffen leisten. Genügen deren Anstrengungen nicht, so ist schließlich die Politik gefragt, die gesetzlichen Rahmenbedingungen anzupassen, um die nachhaltige Transformation im Kunststoffbereich voranzutreiben.

Die Gruppe der thermoplastischen Kunststoffe beispielsweise besitzt grundsätzlich sehr gute Voraussetzungen für eine ökologisch nachhaltige Nutzung. Sie sind leicht, langlebig, vielseitig und flexibel einsetzbar, recyclingfähig, manche biobasiert, verbrauchen bei der Herstellung im Vergleich zu anderen Materialien oft deutlich weniger Energie und sind daher aus zahlreichen Anwendungen nicht wegzudenken. Nur scheitert es bis jetzt oft am verantwortungsvollen Umgang mit diesem „wertvollen“ Werkstoff. Wir – die Gesellschaft, die Industrie und die Politik – müssen Kunststoffe und deren Produkte in Zukunft gewissenhafter designen, herstellen und nutzen, eine funktionierende Kreislaufwirtschaft etablieren und auf diese Weise den ökologischen Fußabdruck effektiv senken. Dies sind keine regional zu bewältigenden Herausforderungen, sie sind global!

Denn wenn wir Produkte und Prozesse nachhaltig entwickeln oder optimieren wollen, müssen wir die potenziellen Umweltwirkungen quantifizieren können.

Welchen Beitrag kann das KUZ zur Bewältigung der genannten Herausforderungen leisten?

Wir haben im KUZ schon seit langem zahlreiche Ansätze und Lösungen für einen nachhaltigeren Einsatz von Kunststoffen parat. Zu nennen sind hier zum Beispiel das Thermoplast-Schaumspritzgießen zur wirksamen Reduzierung des Materialeinsatzes und das damit kombinierbare Zwei-Komponenten-Spritzgießen zur Nutzung von Rezyklaten an gering belasteten Stellen im Bauteilinneren.

Mit der neuen strategischen Ausrichtung des KUZ wurde nochmals eine wesentlich stärkere Fokussierung auf die Themen Ressourcenschonung, Circular-Economy und CO2-Footprint verankert. Ein wesentlicher Bestandteil dieser Neuausrichtung ist der Kompetenzaufbau zur Bewertung der ökologischen Nachhaltigkeit von Produkten, Verfahren und Dienstleistungen mittels der sogenannten Ökobilanzierung. Denn wenn wir Produkte und Prozesse nachhaltig entwickeln oder optimieren wollen, müssen wir die potenziellen Umweltwirkungen quantifizieren können. Nur so können wir die ökologische Nachhaltigkeit gezielt mit unserem Know-how verbessern.

Was beinhaltet eine Ökobilanz und welchen Nutzen kann man mit dieser generieren?

Die Ökobilanzierung, auch Lebenszyklusanalyse oder im Englischen Life Cycle Assessment (LCA) ist ein etabliertes Verfahren der ökologischen Nachhaltigkeitsbewertung, in der die potenziellen Umweltwirkungen über den gesamten Produktlebensweg quantifiziert und beurteilt werden. Dabei werden die Beschaffung der Rohmaterialien, die Produktion und Nutzung der Produkte bis hin zu deren Beseitigung oder Recycling einbezogen. Das grundlegende Verfahren ist nach ISO 14040/14044 normiert. Das Ergebnis umfasst eine Bilanz für die jeweils betrachtete Wirkungskategorie. Die geläufigste Wirkungskategorie beschreibt das Treibhauspotenzial (Global Warming Potential), das umgangssprachlich oft als CO2-Fußabdruck bezeichnet wird. Darüber hinaus gibt es zahlreiche andere Wirkungskategorien wie zum Beispiel die Toxizität, Versauerung oder Eutrophierung. Diese Kategorien sollten im Sinne der ganzheitlichen Betrachtung stets berücksichtigt werden, damit durch das jeweilige Handeln ein unkontrolliertes Verschieben von Umweltbelastungen vermieden wird.

Die Ökobilanz kann auf vielfältige Weise in jedem Unternehmen entscheidende Vorteile generieren. Sie kann genutzt werden als:

  • Entscheidungshilfe während der Produktentwicklung, z. B. bei der Materialauswahl oder dem Design
  • Werkzeug zur Detektion, Minimierung und Optimierung besonders umweltbelastender Stoff- und Energieflüsse in der Prozesskette
  • Mittel zur Erhöhung der Transparenz der Lieferketten hinsichtlich Nachhaltigkeits- und somit Kostenpotenzialen
  • Nachweis zur Einhaltung bestimmter Vorschriften
  • Grundlage für die Kommunikation verschiedener Nachhaltigkeitsthemen, beispielsweise des CO2-Fußabdrucks

Falls Sie mehr über unser Leistungsspektrum im Bereich der Ökobilanzierung wissen möchten, kontaktieren Sie mich direkt. Ich freue mich von Ihnen zu hören!

Vielen Dank!

Kontakt

Johannes Tietze
+49 341 4941-619
tietzenoSpam@kuz-leipzig.de

Weitere interessante Beiträge