Das Spritzgießverfahren ist das wichtigste Urformverfahren in der Kunststoffverarbeitung. Schwankungen in Materialchargen oder Umgebungsbedingungen können die Qualität des Endprodukts erheblich beeinflussen. Mit der Integration digitaler Technologien, wie einem datengetriebenen Assistenzsystem, soll das Verfahren auch in Zukunft die Ansprüche an eine moderne und intelligente Fertigung erfüllen.
Flexible Inline-Qualitätsprognosen für Spritzgießprozesse: Ein neuer Ansatz für mehr Effizienz durch KI

Die Herausforderung: Hoher Aufwand für bestehende KI-Assistenzsysteme
Digitale Assistenzsysteme zur Qualitätsprognose sind ein vielversprechender Ansatz zur Optimierung der Produktion. Doch ihre praktische Umsetzung gestaltet sich oft als unwirtschaftlich. Der Grund: Das Anlernen dieser Systeme erfordert aufwändige Versuchsreihen, die Material- und Personalkapazitäten für Tage oder sogar Wochen binden. Sobald sich jedoch die Prozessbedingungen ändern – beispielsweise durch Materialschwankungen – verliert das System seine Vorhersagegenauigkeit und muss erneut langwierig trainiert werden.
Die Lösung: Transfer Learning für effiziente Anpassungen des KI-Systems
Um diesen Aufwand drastisch zu reduzieren, setzt das Kunststoff-Zentrum in Leipzig (KUZ) auf den Einsatz von Transfer-Learning-Methoden. Statt das Assistenzsystem bei jeder Prozessveränderung vollständig neu anzulernen, werden bereits erlernte Zusammenhänge gezielt angepasst. Dadurch bleibt das System auch bei veränderten Rahmenbedingungen präzise und effizient einsetzbar. In vielen Fällen lässt sich der Anlernvorgang auf ein Minimum reduzieren oder sogar gänzlich vermeiden.
Eine belastbare Basis: Prozessoptimierung durch intelligente Datenaufnahme
Um den Transfer-Learning-Ansatz optimal umzusetzen, wurde am KUZ ein speziell konstruiertes Formteil entwickelt. Dieses Formteil erlaubt eine detaillierte Beobachtung kritischer Qualitätsmerkmale wie Verzug, Einfallstellen und Brandstellen.

Parallel dazu wurde ein leistungsfähiges Datenerfassungssystem implementiert, das alle relevanten Prozessdaten aufzeichnet und schussgenau korrekt zuordnet. Die modulare Architektur des Systems basiert auf Microservices, die verschiedene Aufgaben übernehmen – von der Datenerfassung und Versuchssteuerung bis hin zur Vorhersage von Qualitätsmerkmalen. Microservices sind kleine, unabhängige Softwarekomponenten, die in ihrer Grundform in der vom KUZ entwickelten DASTUT-Softwarebibliothek verfügbar sind.
Die zentrale Kommunikation erfolgt über Apache Kafka, eine leistungsfähige Plattform zur Verarbeitung und Übertragung großer Datenmengen in Echtzeit. Dadurch entsteht eine flexible und skalierbare Infrastruktur, bei der jeder Microservice individuell angepasst oder erweitert werden kann, um spezifische Anforderungen der Industrie zu erfüllen.

Automatisierter DOE – Datenqualität als Erfolgsfaktor für KI-Modelle
Ein weiterer Schlüsselfaktor ist die automatisierte Erstellung hochwertiger Datensätze für das Anlernen des KI-Systems. Hierfür hat das KUZ einen speziellen Microservice entwickelt, der bei der Erstellung von Design-of-Experiments (DOE) unterstützt und Versuchsreihen eigenständig durchführt. Die manuelle Interaktion beim Anlernen des Systems minimiert sich auf das Festlegen der Parametergrenzen und der Schussanzahl beim Erstellen des DOE. Dadurch wird die Effizienz der Datenerfassung und Modellanpassung erheblich gesteigert.
Wettbewerbsvorteile durch digitale Assistenz
Mit der geplanten Entwicklung erhalten kunststoffverarbeitende Unternehmen einen praxisnahen und wirtschaftlichen Zugang zur Digitalisierung. Die Kombination aus zentralisierter Datenerfassung, intelligenter Assistenzsoftware und Transfer Learning des KI-Systems verspricht eine erhebliche Reduzierung des Ressourcenaufwands und erhöht gleichzeitig die Qualitätsstabilität in der Produktion.
Unternehmen haben die Möglichkeit, die Entwicklung des KI-Assistenzsystems aktiv mitzugestalten und frühzeitig von dessen Potenzial zu profitieren:
- Mitentwicklung und Einflussnahme – Das System befindet sich noch in der Entwicklung. Durch Ihre Beteiligung können Sie Anforderungen einbringen und es optimal auf Ihre Prozesse abstimmen.
- Praxisnahe Erprobung – Wir setzen das System exemplarisch in Ihrem Unternehmen auf und testen es in realen Szenarien.
- Gezielte Datenerfassung – Auf Wunsch erfassen wir die benötigten Daten für das KI-Training, um die Performance weiter zu verbessern.
- Modulare Integration – Bereits entwickelte Komponenten, wie z. B. automatisierte DOE, können flexibel in bestehende Systeme eingebunden werden.
Gefördert durch: Bundesministerium für Wirtschaft und Klimaschutz, Kennzeichen: 49MF220158, „Entwicklung eines Systems zur KI-gestützten Qualitätsprognose im Spritzgießprozess (MouldPredict)“
Kontakt
Artur Jurk
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