Unterdrückung der Maillard-Reaktion

Für zahlreiche naturstoffbasierte Biokunststoffe wird bei thermischer Belastung eine unerwünschte Bräunungsreaktion - die Maillard-Reaktion - beobachtet, welche auf der Umsetzung von reduzierenden Zuckern mit Aminen beruht. Neben einer starken Bräunung des Materials infolge der Bildung von Melanoidinen, entstehen geruchsaktive Substanzen, welche maßgeblich den im spritzfrischen Zustand wahrzunehmenden typischen Brenzgeruch vieler naturstoffbasierter Biokunststoffe bedingen. Diese Faktoren werden von einem Großteil der Verarbeiter als auch Endanwender als störend empfunden und stellen sich letztendlich als Vermarktungshindernis dar.

 

Eigenschaftsoptimierung naturstoffbasierter Biokunststoffe

In einem vom BMWi geförderten Projekt (MF130016) beschäftigte sich das KUZ mit der Unterdrückung der Maillard-Reaktion in weizenmehlbasierten Biopolyolefinen. Hierbei stellen die Biopolyolefine heterogene Blends aus einem mittels Anhydrid kompatibilisierten thermoplastischen Weizenmehl (TPWM, disperse Phase) und Polyolefin (Polypropylen (PP) oder -ethylen) dar. Sie sind eine Entwicklung des KUZ und der Ceresan Erfurt GmbH.

In diesem Projekt ist es gelungen, über die Zugabe von chemischen Additiven zum Weizenmehl, die unerwünschte qualitätsmindernde Bräunungsreaktion in den Biopolyolefinen stark abzuschwächen und somit eine signifikante Verbesserung des Eigenschaftsbildes bezüglich der Farbgebung als auch des Geruches zu erzielen. Dies trägt letztendlich zur Erhöhung des wirtschaftlichen Verwertungspotenzials bei.   

Beeinflussung von Farbe und Geruch mit Hilfe chemischer Inhibitoren

Es wurden chemische Substanzen, wie Thiole, Sulfite, Aldehyde, Chelat-, Metallkomplexbildner und Diamine, ausgewählt, getestet als auch miteinander kombiniert. Diese sind zum einen in der Lage reduzierende Zucker (Aldehyde) und Amine zu blockieren und somit an der Reaktion zu hindern und zum anderen die im Zuge des weiteren Reaktionsverlaufes entstehenden Zwischenprodukte, wie Amadori- und Dicarbonylverbindungen, zu inhibieren. Im Ergebnis der Untersuchungen konnten Inhibitorkombinationen ermittelt werden, welche die Bildungsrate für Melanoidine als auch geruchsaktive Substanzen stark reduzieren. Die zur Unterbindung der Materialbräunung notwendige Inhibitormenge richtete sich zum einen nach dem verwendeten Weizenmehltyp, hier nimmt die Bräunungsneigung mit steigendem Proteingehalt zu, und zum anderen nach der Materialverweilzeit im Spritzgussaggregat. Die weizenmehlbezogene Inhibitormenge betrug bis zu 6 ma%.

Im Ergebnis besitzen die inhibierten Biopolyolefinblends  

  • eine helle Probenfarbe (DIN 6174, gelb mit L = 39, a = 1 und b = 12, Abbildung 1) als auch  
  • geringe Geruchsintensität (VDA 270, Note 2: wahrnehmbar, nicht störend).

Werkstoff ohne gentoxisches Potenzial

Trotz Zugabe chemischer Additive sollten die inhibierten Biopolyolefine eine physiologische Unbedenklichkeit besitzen. Um dies zu prüfen, wurde an finalen Blends der Ames-Test (bei der Hydrotox GmbH) entsprechend der ISO 16240 durchgeführt. Der Test diente der Identifizierung chemischer Mutagene und somit der Bewertung des gentoxischen Potenzials der inhibierten Biopolyolefine.

Zum Testverfahren: Als Testorganismen wurden Bakterienstämme (Typ T98, T100) von Salmonella typhimurium eingesetzt. Diese Bakterien haben ihre Eigenschaft zur Histidinbiosynthese (Aminosäuresynthese, wichtig für Zellwachstum und -teilung) verloren, können diese jedoch bei Einwirkung gentoxischer Stoffe durch spontane Rückmutation wiedererlangen. Somit stellt die Erhöhung der Koloniezahl auf einem nahezu histidinfreiem Trägermaterial ein Maß für das gentoxische Potenzial einer Probe dar. 

Im Ames-Test wurden Proben ermittelt, die keine Auffälligkeiten zeigten und im Bereich der Negativkontrollen lagen. Demzufolge kann eine Inhibierung der Bräunungsreaktion unter Gewährleistung einer physiologischen Unbedenklichkeit realisiert werden.        

Positive Beeinflussung der Werkstoffmechanik

Die Charakterisierung der Blendmechanik erfolgte im Zug- und Kerbschlagbiegeversuch. Hier konnte festgestellt werden, dass der Inhibitorzusatz nicht nur die gewünschte Probenaufhellung sowie deutliche Reduzierung des reaktionsbedingten Brenzgeruches bewirkt, sondern sich durchaus auch positiv auf die Blendmechanik (Abbildung 2, linke Spalte) auswirkt. Die positiven Entwicklungen bezüglich der Dehnung und Kerbschlagzähigkeit werden auf die viskositätsbedingte Veränderung der Morphologie der Weizenmehlphase (Abbildung 2, rechte Spalte) bei Inhibitorzugabe zurückgeführt. So wird mit steigendem Gehalt die Viskosität der Weizenmehlphase und somit auch das Viskositätsverhältnis der Blendkomponenten reduziert, wodurch die Dispergierung im Compoundierprozess begünstigt wird. In diesem Zusammenhang wird eine signifikante Abnahme des Durchmessers der Weizenmehlphase beobachtet, demzufolge sich die Morphologie von grobdispers zu dispers ändert. Die inhibierten Biopolyolefine besitzen eine Werkstoffmechanik, die weitestgehend der von einigen handelsüblichen Materialien auf der Basis eines Polyolefins und einer thermoplastischen Stärke entspricht. 

Erfolgreiche Materialtestung im Spritzgießprozess

Die inhibierten Blends lassen sich im Spritzguss problemlos verarbeiten. Die Abbildung 3 spritzgegossener Dübel (rechts: Biopolyolefin) verdeutlicht, dass eine Unterdrückung der Bräunungsreaktion durchaus auch unter praxisnahen Anforderungen und Bedingungen gegeben ist. Zum Vergleich wurde in der Abbildung (links) ein stärkebasiertes Material ohne Bräunungsneigung aufgeführt.

Im Ergebnis der Arbeit liegen inhibierte Biopolyolefinblends vor, die folgende Eigenschaften besitzen:

  • hohe thermische Stabilität (bis zu 13 min bei 175 °C) während der Spritzgussverarbeitung,
  • helle Probenfarbe (gelb mit L = 39, a = 1 und b = 12),
  • geringe Geruchsbelastung (Note 2: wahrnehmbar, nicht störend),
  • gegebene physiologische Unbedenklichkeit (nicht mutagen im Ames-Test)
  • gute Werkstoffmechanik (hohe Dehnung und Kerbschlagzähigkeit)

Die Ergebnisse zeigen, dass es durchaus möglich ist, über die Auswahl als auch Kombination geeigneter chemischer Additive die Bräunungsreaktion in naturstoffbasierten Biokunststoffen zu inhibieren und somit deren wirtschaftliches Verwertungspotenzial zu erhöhen. Mit dem im Forschungsprojekt erworbenem Know How sowie der im KUZ zur Verfügung stehenden Aufbereitungs-, Verarbeitungs- sowie Prüftechnik stehen wir Ihnen gern als Partner für ähnlich geartete Projekte oder Forschungsdienstleistungen betreffend der werkstofflichen Nutzung nachwachsender Rohstoffe zur Verfügung.     

Kontakt

Christoph Thieroff
+49 341 4941-608
thieroffnoSpam@kuz-leipzig.de

Gefördert durch: Bundesministerium für Wirtschaft und Energie
Reg.-Nr.:MF130016

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